Durch die Digitalisierung hat sich auch das Medium Außenwerbung verändert und wurde moderner, schneller und innovativer. Durch animierte Motive und Motivwechsel können digitale OOH-Werbeflächen mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Zusätzlich werden die Verkaufs- und Distributionsprozesse digitalisiert. Ein Bereich, der immer mehr wächst, ist die programmatische Außenwerbung. Laut Prognosen soll 2025 bereits die Mehrheit der DOOH-Buchungen in Deutschland programmatisch abgewickelt werden.
Samira Qasem und Stefanie Reißner nehmen in diesem Blogbeitrag aktuelle Entwicklungen und Vorteile von Programmatic OOH unter die Lupe. Die Studentinnen des Bachelorstudiengangs „Marketing und Kommunikation“ an der FH St. Pölten schließen im Sommer 2024 ihr Studium ab.
Wie funktioniert Programmatic und welche Spezifika gibt es bei OOH?
Programmatic Advertising beschreibt den automatisierten Einkauf von Werbeflächen mittels digitaler Technologien. Werbeinventar wird in Echtzeit bei Vermarktern eingekauft und mit möglichst granularen zielgruppen- und standort-relevanten Daten kombiniert und so programmatisch ausgespielt. Damit wird die hohe Reichweite der klassischen Out of Home Werbung mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis durch zielgerichtete Aussteuerung kombiniert. Streuverluste können minimiert werden, indem einzelne Screens in Abhängigkeit von ihrer Zielgruppenzusammensetzung gewählt werden. Somit wird auch die Budgeteffizienz erhöht.
Basis der automatisierten Abwicklung ist eine Data Management Plattform (DMP). Diese importiert Marktforschungsdaten, Leistungswerte und Zielgruppeninformationen zu DOOH-Netzwerken, Geotrackingdaten, stellt Prognosedaten als Planungsgrundlage bereit. Sie ist an Echtzeit-Sensor-Feeds wie Wifi-Tracker angebunden. Diese Informationen und Daten werden der nachfrageseitigen (DSP) und angebotsseitigen (SSP) Handelsplattform zu Verfügung gestellt.
Bei Programmatic OOH gibt es zwei Spezifika. Erstens werden multiple Ad Views verkauft, nicht einzelne Werbekontaktchancen. Ad Views sind allerdings nicht mit Ad Impressions gleichzusetzen, sondern ergeben sich aus der Anzahl an Werbemittelkontaktchancen (= alle Personen mit Sichtkontakt zum Screen während der Spot gezeigt wird) multipliziert mit den Ad Impressions (= Spoteinblendungen je Screen). Zweitens muss die Buchung nicht in Echtzeit erfolgen.
Der Preis auf TKP-Basis kann über mehrere Buchungsformen festgelegt werden. So wird zwischen einem vom Vermarkter definierten Fixpreis und auktionsbasierter Preisfindung unterschieden. Folgende Buchungsvarianten sind aktuell möglich:
Programmatic Guaranteed ist mit klassischen Buchungen vergleichbar, da alle Vertragsinhalte fix vereinbart werden.
Preferred Deals sind dem ähnlich, ermöglichen aber eine Optimierung des Targetings, da das Inventar über einen längeren Zeitraum abgenommen wird.
Die Variante Unreserved Fixed Rate bietet Flexibilität bei Kostensicherheit, wobei die Werbeflächen vom Anbieter nicht garantiert werden. Diese Form wird meist bei Restinventar angewandt.
Mittels Open Auctions in Echtzeit können Multichannel-Ansätze bestmöglich umgesetzt werden. Preis wird durch Angebot und Nachfrage bestimmt, wobei der Höchstbietende den Werbeplatz erhält.
Über diese Buchungsformen hinaus können Vermarkter einen Floorpreis, also einen Mindestpreis festlegen.
Wo steht Programmatic OOH aktuell?
Im Vergleich zu Online-Werbung, wo sich technische Rahmenbedingungen rasch Richtung Programmatic Advertising entwickelt haben, dauerte der programmatische DOOH-Ansatz länger. Künstliche Intelligenz spielt dabei ebenso eine Rolle. Sie unterstützt vor allem bei der Verarbeitung großer Datenmengen, um die Ausspielung in Echtzeit zu ermöglichen.
Die Ausspielung von Werbung kann zeitlich, situativ und inhaltlich angepasst werden, beispielsweise auf Basis von Wetter-, Nachrichten- oder Verkehrslage, auf Basis von Events wie Sportereignissen oder Sonderangeboten des Werbetreibenden. Neben der programmatischen Buchung können weitere digitale Technologie wie Geofencing oder WiFi-Tracking eingesetzt werden.
Aktuelle Herausforderungen liegen darin, DSGVO-konform zu arbeiten, Zielgruppendaten zu kombinieren – auch im Hinblick auf die Cookieless Future – und für den programmatischen Einkauf verfügbar zu machen.
Laut Claudia Zayer (Goldbach DOOH GmbH, Deutschland) müsse auch mehr daran gearbeitet werden, Buchungen in Echtzeit abzuwickeln. Außerdem sind Anbieter und Verbände gefragt, gemeinsame Standards zu entwickeln, um Eintrittsbarrieren abzubauen. Zusätzlich sollen Möglichkeiten zur besseren Vergleichbarkeit der Angebote und Screens erarbeitet werden. Wichtig sei auch, die kleinsten möglichen Einheiten von Werbeflächen anzubieten, sprich die Buchung einzelner Screens anstatt eines Netzes. Trotz Herausforderungen hat sich Programmatic OOH in der Kommunikation etabliert. Deshalb hat beispielsweise Goldbach gemeinsam mit dem Vermarktungspartner Digilight die Zahl an programmatisch buchbaren Werbeflächen in Österreich erweitert.
Was sind die Vorteile von Programmatic OOH?
Vergleicht man nun die klassische Buchung mit Programmatic OOH, ergeben sich zahlreiche wesentliche Vorteile für Werbende.
Vor allem das vereinfachte, effizientere Buchungssystem differenziert Programmatic OOH von der klassischen Buchung. Es benötigt nur eine einzige Buchung und die Kampagne wird über die geplante Laufzeit angelegt. Zudem läuft der gesamte Buchungsprozess automatisiert ab, was den klaren Vorteil mit sich bringt, DOOH-Kampagnen schnell und flexibel auf die Straßen zu bringen.
Auch die vielfältigen Targeting-Möglichkeiten stellen einen wesentlichen Vorteil gegenüber der altbewährten Buchungsmethode dar. Sowohl Verkehrs- und Wetter-, als auch Bewegungsdaten können hier ganz genau berücksichtigt werden und sorgen dadurch für eine dynamische und flexible Kundenansprache. Des Weiteren ist es dadurch möglich, schnell auf Veränderungen zu reagieren und flexibel mit der Zielgruppe zu kommunizieren.
Neben der Vereinfachung und Flexibilität, bietet Programmatic OOH auch zusätzliche Transparenz. Da die Preisgestaltung bei Programmatic OOH auf dem TKP-Modell basiert, ist sie somit nahezu vergleichbar mit Online-Preisen. Das Echtzeit-Reporting ermöglicht es außerdem, bereits während der Laufzeit der Kampagne, alle relevanten Kennzahlen jederzeit abzulesen und bei Bedarf zu optimieren.
Laut einer vom Horizont veröffentlichten Umfrage (aus dem Jahr 2014), welche Gründe für die Einführung von Programmatic Advertising erfragt hat, wurden folgende drei Gründe am häufigsten genannt: Verbessertes Targeting, Reagieren in Echtzeit, sowie weniger Streuverluste.
Die Funktionsweise von Programmatic OOH unterscheidet sich also in vielen Bereichen von der klassischen Out of Home-Buchung. Je nach Art der Kampagne und Wunsch der Kund*innen ist entweder die klassische Buchung oder Programmatic OOH die bessere Wahl. Die Einsatzmöglichkeiten sind oftmals ein wichtiges Kriterium für die Entscheidung der Kund*innen.
Einsatzmöglichkeiten & Use Case
Programmatic Out of Home ist bereits ein wesentlicher und wichtiger Bestandteil im österreichischen OOH-Markt und bietet eine vielversprechende Werbemöglichkeit für zahlreiche Marken. Dennoch ist es nicht das Ziel, die klassische Buchung zu ersetzen, sondern eher diese zu ergänzen und somit mit den aktuellen Technologien neue Wege im OOH-Markt zu eröffnen. Andrea Groh, Chief Sales Officer der Gewista Werbegesellschaft mbH sieht die Entwicklung folgendermaßen: „Programmatic Out of Home wird durch Daten und weiteren inhärenten Möglichkeiten (Stichwort: Targeting, Verknüpfung mit mobilen Daten, Gaming, punktgenaues Messaging etc.), teils auch gemeinsam mit IO (=Insertion Order) Buchungen, für komplett neue Ansätze in der Mediaplanung sorgen.“ IO-Buchungen werden direkt zwischen Werbekund*in oder der beauftragten Agentur sowie dem Seitenbetreiber, auch Publisher genannt, abgewickelt.
Programmatic Out of Home stellt eine Verbindung zwischen Branding und der Performance her und ermöglicht die Ansprache jeglicher Zielgruppen. Durch die Integration von Zeit, Ort und Daten, wird Aufmerksamkeit generiert und jede Kampagne sichtbarer.
Wie vielfältig die Einsatzmöglichkeiten sind, zeigt auch folgender Use Case: Im Jahr 2021 führte JCDecaux eine programmatische OOH-Kampagne für den niederländischen Supermarkt Albert Heijn durch, welche sogar einen Award erhielt. Das Ziel der Kampagne war es, mehr Kunden in den Sommermonaten in den Supermarkt zu bekommen. Dafür war die programmatische Kampagne perfekt geeignet: Es wurden mobile Standortdaten gesammelt, welche relevante Informationen über die Zielgruppe und deren Erreichbarkeit beinhalteten. Mithilfe dieser Daten wurden anschließend in ausgewählten Orten Anzeigen geschaltet. Zusätzlich dazu waren die Werbeaktionen auf die jeweiligen Standorte der Supermärkte angepasst und garantierten somit eine zielgruppengerechte Ansprache.
Weitere Details zum Use Case sind in dem Video zu finden.
Abbildung 1: Programmatic OOH Kampagne Supermarkt Albert Heijn; Quelle: https://www.dentsu.com/nl/en/our-work/data-driven-dooh-campaign-albert-heijn-resulted-in-new-customer-sales-grow-of-thirty-percent
Quellen:
Marketingkommunikation mit Out-of-Home-Medien, Michael Kleinjohann, 2021 https://link-springer-com.ezproxy.fhstp.ac.at:2443/book/10.1007/978-3-658-35503-6
OOH-Kommunikation, Kai-Marcus Thäsler, 2023 https://link-springer-com.ezproxy.fhstp.ac.at:2443/book/10.1007/978-3-658-38119-6
Programmatic weiter auf dem Vormarsch, Michael Fiala, Horizont Ausgabe 15. September 2023 https://www.horizont.at/digital/news/media–planung-darum-ist-programmatic-weiter-auf-dem-vormarsch-92543
Autorin: Samira Qasem schließt im Sommer 2024 den Bachelorstudiengang „Marketing & Kommunikation“ an der Fachhochschule St. Pölten ab.
Autorin: Stefanie Reißner schließt im Sommer 2024 den Bachelorstudiengang „Marketing & Kommunikation“ an der Fachhochschule St. Pölten ab.
Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt FH St. Pölten FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung
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