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#71: Ad Fraud: ein wachsender Milliardenmarkt

Wie eingesetzte Werbeeuros Betrüger:innen zu Millionär:innen machen!


78 Milliarden Euro. Das sind 17 Prozent aller weltweiten Digitalwerbeausgaben im Jahr 2022. Gleichzeitig ist das auch die Höhe des Schadens, der jährlich durch Ad Fraud in Form betrügerischer Klick-Bots und intransparenter Werbekonstrukte entsteht. Besonders betroffen ist der US-amerikanische Markt. Ein Viertel des eingesetzten Werbeeuros fließt dort an vermeintliche Digitalvermarkter ab. Das ergab eine Studie von Juniper Research, die auch alarmierende Ergebnisse für Österreich lieferte.


24 Millionen Euro und somit zehn Prozent der österreichischen Digitalwerbespendings im Jahr 2022 werden hierzulande durch Fraud-Technologien vernichtet. Das hat schwerwiegende Folgen für die Anzeigenkund:innen – vor allem in Anbetracht der steigenden Digitalwerbespendings und dem hohen Interesse an Social Media Marketing, welches am stärksten vom Betrug betroffen ist. Rund ein Drittel der in Österreich getätigten Digitalspendings werden in Ads auf sozialen Medien investiert. Das heizt in der Folge trügerische Netzwerke an, die vermeintlich hohe Reichweiten zu günstigen Konditionen versprechen.

Um zu verstehen, wie die manipulierten Ad-Strukturen umgangen werden können, muss dem Ursprung des Schadens nachgegangen werden. Wie entsteht also Ad Fraud? Welche Arten gibt es? Welche wirtschaftlichen Folgen zieht er nach sich und wie kann das Problem zukünftig gelöst werden? Diese Fragen beantworten Anna Disslbacher-Fink und Schinagl Hannah – Studentinnen des Bachelorstudiums Marketing & Kommunikation an der Fachhochschule St. Pölten – in diesem Artikel.


Was ist Ad Fraud und wie entsteht er?


Ad Fraud ist wie ein unsichtbarer Zuschauer in einem Kinosaal, der künstlich einige Kinotickets kauft, aber nie zum Film erscheint. Der werbetreibende Kunde im Kino geht davon aus, dass viele echte Zuschauer:innen den Werbespot im Kinosaal sehen. In Wahrheit ist das investierte Geld aber verschwendet, da keine Besucher:innen im Saal anwesend sind. In der Online-Werbewelt verläuft das genau gleich, nur in größerem Ausmaß. Betrügerische Aktivitäten führen zu unechten Interaktionen, Klicks und Impressions, ohne die tatsächlichen Nutzer:innen zu erreichen. Der Anzeigenbetrug täuscht also Werbeleistungen vor, wodurch beim Werbetreibenden Kosten entstehen, obwohl keine echten Erfolge erzielt werden.


Hier geht´s zu einem Video zur Erklärung von Ad Fraud: https://www.youtube.com/watch?v=GsdkR2DRQcI

Welche Arten gibt es?


Grundsätzlich gibt es keine kohärente Klassifizierung von Ad Fraud. Allerdings hat die P7S1 Market Intelligence im Journal of Cybersecurity and Privacy eine Studie veröffentlicht, in der eine erste Einteilung in bestimmte Kategorien erfolgte.

Die Unterteilung erfolgt nach den unterschiedlichen Fraud Arten, die jeweils auf bestimmte Techniken zurückgreifen:


1.  Fake Traffic: Hier wird das Ziel verfolgt, eine möglichst hohe Klick- oder Impressionrate zu generieren. Das kann entweder durch Menschen oder durch Bots erfolgen. Unter anderem wird auf die Technik des Ad Stacking, Pixel Staffing oder Impression Fraud zurückgegriffen.

2. Fake Placements: Darunter versteht man unerlaubte Online-Anzeigen, die echte Schaltungen simulieren. Das funktioniert mit Hilfe von Ad Injection, Geo Masking oder Domain Spoofing. Bei letzterer wird beispielsweise eine gefälschte Website erstellt, um eine legale zu imitieren.

3. Fake Actions: Bei dieser Fraud-Art werden Nutzer:innen-Interaktionen vorgetäuscht, wie zum Beispiel Affiliate Fraud, Retargeting Fraud oder Conversion Fraud.

Abbildung 1: Einteilung der Ad-Fraud-Arten vom Deutschen Institut für Marketing


Maßnahmen gegen Ad Fraud


Der Kampf gegen Ad Fraud erfordert allerdings nicht nur die Anerkennung der Problematik, sondern auch konkrete Schritte, um der Betrugsmaschinerie entgegenzuwirken. Durch den Einsatz gezielter Maßnahmen können Werbetreibende ihre digitalen Werbekampagnen präventiv vor Ad Fraud schützen.


Hier sind einige effektive Vorgehensweisen, die vom „Guide to Ad Fraud“ vom IAB Europe entwickelt wurden: https://iabeurope.eu/wp-content/uploads/IAB-Europe-Guide-to-Ad-Fraud-1-2.pdf).


Diese können angewendet werden, um betrügerische Aktivitäten einzudämmen und das Vertrauen in die digitale Werbewelt wiederherzustellen:

  • Verwenden Sie vorab geprüfte und transparente Listen von Apps und Domains. Diese Listen sollten regelmäßig aktualisiert werden, um mit den aktuellen Standards übereinzustimmen und sichere Transaktionen durchzuführen.

  • Überprüfen Sie Ihre Vermarkter:innen vorab und wählen Sie Partner:innen, die für ihr Qualitätsbewusstsein bekannt sind.

  • Investieren Sie in hochwertige Inhalte und arbeiten Sie mit Unternehmen zusammen, welche sich auf die Entwicklung außergewöhnlicher Inhalte und technischer Lösungen fokussieren.

  • Optimieren Sie ihren Lieferweg. Wählen Sie den direkten Weg zum Publisher, um die Möglichkeiten für ungültigen Datenverkehr (IVT) oder Fehler zu minimieren. IVT (Invalid Traffic) bezieht sich auf Webverkehr, der als betrügerisch oder nicht authentisch betrachtet wird.

  • Setzen Sie Verifizierungs- und Betrugslösungen in. Diese Systeme helfen Ihnen die Verbreitung der Anzeigen zu beleuchten. Sie können überprüfen, ob ihre Anzeige an die gewünschten Websites, Geräte und Regionen ausgesendet wurde.

  • Messen Sie Betrug über alle Kampagnen hinweg, um zentrale Erkenntnisse für ihre zukünftige strategische Betrugsbekämpfung zu empfangen.

  • Halten Sie und Ihre Partnerinnen die Branchenstandards ein, um eine Basis für Qualitätspraktiken zu schaffen.

  • Fordern Sie mehr Transparenz beim Inventar und Traffic. Durch einen Einblick ins Inventar und Details über die Herkunft des Datenverkehrs, schaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Kampagne.

  • Implementieren Sie Blockierungstechnologien und Anti-Targeting-Lösungen, um vor infizierten Rechnern oder Websites mit hohen Betrugsraten zu schützen.

  • Greifen Sie auf rechtliche Schutzmaßnahmen zurück. Diese zusätzliche Sicherheitsebene bietet Ihnen garantierte Rückerstattung bei Betrug.


Fazit


Ad Fraud ist und wird auch weiterhin ein ernstzunehmendes Problem für die digitale Werbebranche darstellen. Allerdings ermöglichen bereits einige Verifizierungstools und Technologien, wie IAS (Integral Ad Science) oder Anura.io, es maschinellen Lernens den Schutz vor finanziellen Verlusten und sorgen somit für wirtschaftliche Stabilität. Darüber hinaus sichern die vorgestellten Maßnahmen die Integrität der digitalen Werbewelt und wirken sich zugleich auf die Effektivität von Kampagnen aus.

Das Vertrauen der Werbetreibenden in ihre Medieninvestitionen ist maßgeblich und infolgedessen ist die Prävention von Ad Fraud von enormer Bedeutung. Die Taktik zur Bekämpfung von Ad Fraud stellt eine immense Herausforderung dar, aber birgt zugleich auch die Möglichkeit für mehr Transparenz in der digitalen Werbebranche zu sorgen. Durch die gemeinsame Zusammenarbeit aller Akteure können hier nachhaltige Lösungsansätze entwickelt werden.


Quellen





Autorin: Hannah Schinagl schließt im Sommer 2024 ihr Bachelorstudium „Marketing & Kommunikation“ an der FH St.Pölten ab.





Credits: Hannah Schinagl






Autorin: Anna Disslbacher-Fink schließt im Sommer 2024 ihr Bachelorstudium „Marketing & Kommunikation“ an der FH St.Pölten ab.




Credits: Urata Beqa





Autorin: Barbara Klinser-Kammerzelt FH St. Pölten FH-Dozentin im Bachelor Marketing & Kommunikation, Master Digital Marketing & Kommunikation Lehrgangsleitung Werbung & Markenführung






Disclaimer: Namentlich gekennzeichnete Beiträge wie dieser hier geben die Meinung des jeweiligen Autors und nicht immer die Meinung des Anbieters wieder

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