Ein stinknormaler Agenturalltag...

Ein Erfahrungsbericht

Ein stinknormaler Tag in der Agentur…
22. März 2015 Marketing Natives

Der folgende Text ist ein Originalbeitrag eines Marketing Natives Community-Mitglieds, das in einer österreichischen Agentur arbeitet, und spiegelt die persönlichen Erfahrungen der Verfasserin wieder. Der Name ist den Teammitgliedern bekannt und wird vertraulich behandelt.

Der frühe Vogel erwischt die Bahn

7 Uhr… der Wecker klingelt!

Ich bin heute etwas früher dran, da am Vormittag eine wichtige Kundenpräsentation ansteht und ich noch ein paar Dinge an der Präsentation anpassen muss. Zum Frühstücken habe ich schon länger nichts mehr im Kühlschrank – um es genau zu sagen: seit ich Projektmanagerin in einer Agentur bin. Eine kalte Dusche reicht aus und danach hetzte ich zur U-Bahn.

Die nächsten 30 Minuten im Zug lese ich meistens den Horizont oder ich grüble nach, was heute alles so auf mich zukommt. Jeder Tag ist anders und überrascht mich immer wieder aufs Neue. Das ist das Spannende an meinem Job aber auch manchmal ein bisschen chaotisch, denn man kann nichts vorausplanen. Den kurzen Weg vom Bahnhof zur Agentur genieße ich besonders, da es aufgrund meines vollen Terminkalenders oft die einzige Möglichkeit für Bewegung an der frischen Luft ist. Dabei wird mir bewusst, wie sehr der Sport in den letzten Monaten zu kurz gekommen ist. Naja, ich rede mir halt ein, dass schon wieder ruhigere Zeiten kommen werden.

Täglich grüßt das Mailprogramm

8.15 Uhr… die Alarmanlage ist schon abgedreht.

Wer ist um diese Uhrzeit schon in der Agentur?! Kann nur die Geschäftsführung sein. Ich baue mal meinen Laptop auf, denn ohne diesen bin ich kaum noch unterwegs. Im Zug und zu Hause lässt es sich doch auch gut arbeiten, oder? Als ich das Mailprogramm öffne, der erste Schock des Tages: 34 ungelesene Mails innerhalb einer Nacht. Eine kleine Katastrophe für mich als strukturierten Menschen in meinem Posteingang mit weiteren 72 unsortierten Mails.
Jetzt noch schnell ein Joghurt und Kaffee zum Frühstück. Da kommt mir auch unsere Praktikantin entgegen, die obwohl sie erst ein paar Wochen hier ist, auch schon ganz mitgenommen aussieht. Die Arme hat wohl gestern länger für diverse Projekte recherchiert.

8.45 Uhr… die ersten Kollegen trudeln ein.

Mit einem freundlichen „Guten Morgen“ zaubern sie auch mir ein Lächeln auf die Lippen. Von meinem Platz aus sehe ich direkt in die geröteten Augen einer der Junior-Beraterinnen. Ich glaube, sie versucht gerade ein paar kreative Gedanken aufs Papier zu bringen, aber alle fünf  Minuten landet das nächste Blatt im Müll. Vielleicht liegt es daran, dass man unter Zeitdruck nicht gut arbeiten kann. Ich frage besser mal nicht nach und konzentriere mich auf meine Präsentation welche in..hm… 30 Minuten stattfindet!!! Panik macht sich langsam in mir breit und ich muss jetzt Vollgas geben.

Bis wann? Bis gestern!

9.30 Uhr… die Kunden haben es sich im Konferenzzimmer gemütlich gemacht.

Servierung von Kaffee und Frühstück hat Gott sei Dank die Praktikantin übernommen. Bin ich froh, dass ich an diese Dinge nicht mehr denken muss. Die Präsentation kann beginnen.
Mitten im Meeting mach sich mein Diensthandy auch hin und wieder bemerkbar – schon 3 Anrufe in Abwesenheit + 2 Sprachnachrichten. Es muss wieder einmal etwas Dringendes sein und ich verlasse kurz das Meeting, um die Nachrichten abzuhören. Ein Kunde braucht eine Layout Änderung für eine Produktpräsentation – die findet heute Abend um 18 Uhr statt: „Schick es mir bitte bis Mittag… Ich bin danach in Meetings.“ Gut, einmal durchgeatmet und schnell zu unseren Grafiker. Der ist gerade mit einem anderen wichtigen Projekt unter Zeitdruck, versichert mir aber, dass er es hinkriegt. Schnell wieder zurück zur Präsentation!

10.30 Uhr… Die Präsentation hat mal wieder länger gedauert.

Ich denke, es ist positiv gelaufen. Die Kampagne hat gefallen, aber die Diskussionsrunde am Ende hätten wir uns sparen können. Das Konzept benötigt nur ein paar Anpassungen, die ich im Laufe des Tages erledigen muss, dann noch das Budget schreiben und schon kann das Angebot zum Kunden gehen!
Nun sitze ich wieder bei meinem Computer und schon wieder über 20 neue Mails obwohl ich die restlichen noch nicht einmal beantwortet habe. Nun aber ran an den Speck! Wenn da nicht das Handy  schon wieder klingeln würde…

11 Uhr… der Postbote bringt die täglichen Päckchen.

Auch hier hilft mir wieder die Praktikantin. Ich bin wirklich froh, wenn mir das tägliche Office-Management und diverse Kleinarbeiten abgenommen werden. Gleichzeitig graut es mir schon vor den nächsten Praktikantenwechsel. Neue Gesichter kennen zu lernen bereitet mir große Freude, aber das Einschulen auf die Arbeitsprozesse raubt mir unglaublich viel Zeit. Aber, positiv denken – wird schon alles hinhauen!

12.30 Uhr… gerade noch rechtzeitig.

Der Grafiker schickt mir im letzten Moment das überarbeitete Layout, welches ich gleich an den Kunden weiterleite – Daumen drücken dass es ihm gefällt!
Eine Erinnerung poppt auf: in 15 Minuten steht ein kurzes Kreativmeeting mit meiner Kollegin an. Wir brauchen noch mehr neue, noch bessere Motive für eine Kampagne. Eine Handvoll ganz brauchbarer Ideen haben wir schon, aber man ist ja nie zufrieden 😉

Auf Knopfdruck kreativ zu sein, musste ich auch erste lernen, aber mittlerweile krieg ich das gut hin – denke ich zumindest. Da wir beide sehr motiviert waren, haben wir auch die Zeit übersehen…

Keine Zeit für Nebensächlichkeiten

14 Uhr… mein Magen macht sich auch langsam bemerkbar.

Hoffentlich kann die Praktikantin mir schnell was vom nächstgelegenen Supermarkt holen, denn für sowas hab ich schon lange keine Zeit mehr!
Die nächsten Stunden vergehen wie im Flug. Ich arbeite gerade an 7 Projekten gleichzeitig und die Deadlines sind sehr sportlich. Ich habe das Glück, mit tollen Kooperationspartnern zusammen zu arbeiten und in unserem Team unterstützen wir uns gegenseitig, wo wir können. Mein gefülltes Laugenstangerl habe ich letztendlich um 15.30 Uhr zu mir genommen. Gestärkt bekämpfe ich nun endlich meinen Feind den Posteingang und versuche im Eiltempo die wichtigen Mails zu beantworten.

17.00 Uhr… Kurze Pause!

Ich quatsche bei den letzten Sonnenstrahlen mit meiner jüngeren Kollegin am Balkon. Ich versuche ganz ernsthaft, einmal nicht über die Arbeit zu sprechen. Es klappt nicht und siehe da – mein Handy klingelt. Der Kunde mit dem Layout-Wunsch möchte noch ein paar Änderungen SOFORT! Ich sprinte zum Grafiker und gemeinsam versuchen wir den Wünschen gerecht zu werden.

17.30 Uhr… Das Layout ist fertig und geht wieder an den Kunden.

Telefonisch versuche ich Feedback einzuholen, da weitere Anpassungen nun knapp werden können. Zu meiner Erleichterung gefällt ihm das neue Layout! Auch die ersten Kollegen verabschieden sich in den Feierabend! Endlich kehrt etwas Ruhe ein und ich kann zu „arbeiten“ beginnen.

Das Festnetztelefon läutet auch nicht mehr – nur noch mein Diensthandy kann mir in die Quere kommen… und da… es läutet schon wieder und da muss ich rangehen – mein Chef. Er erkundigt sich wie das Meeting am Morgen gelaufen ist. Komplett neben der Spur, versuche ich mich daran zu erinnern, wie es gelaufen ist und erörtere die Next Steps: Präsentation und Konzept überarbeiten, Abstimmung mit Kunden, Budget erstellen, Teammeeting organisieren,… etc. Ich hoffe, ich habe nichts Falsches gesagt und er ist zufrieden mit mir.

18.30 Uhr…Outlook ist nun ruhig.

Meine Mails sind nun endlich alle beantwortet, aber fürs Einsortieren habe ich keine Lust mehr, somit baut sich das Chaos weiter auf. „Ich mach das am Wochenende, in Ruhe zu Hause“, versuche ich mir einzureden. Meine Verabredung um 19 Uhr kann ich auch absagen – wieder einmal! Denn nun ist das Konzept von der heutigen Präsentation dran…

Ein „Danke“ kann Karrieren retten

Irgendwann, viel zu spät…

Es ist weit nach acht Uhr und mein geschätzter Kollege hat die glorreiche Idee, Essen zu bestellen aber mein Hungergefühl ist schon wieder verflogen… Verzweifelt, müde, und etwas blass schicke ich meinem Chef um 22.30 Uhr die überarbeitete Präsentation und das Konzept sowie das Budget und den Erstentwurf des Kommunikationsplanes. Prompt bekomme ich auch eine Antwort von ihm „Danke!“

Und genau das gibt mir wieder Kraft für den nächsten Tag: ein nüchternes Dankeschön kann tatsächlich ganze 24 Stunden im Stress und Hektik vergessen machen!

Auch wenn ich manchmal 30 Überstunden im Monat habe und ich mit meinem Lohn kein Millionär werde, liebe ich meinen abwechslungsreichen Job! Na klar gibt es Zeiten, in denen ich gerne alles hinschmeißen möchte und ich mich gedanklich schon auf meine spontane Kündigung vorbereite, aber ich bin mit Leib und Seele der Branche verfallen – so wie viele andere auch. 🙂

23.30 Uhr… Bettruhe!

„Morgen wird es wieder besser“, sage ich im Bett zu mir und versuche von einer beispiellosen Karriere als Werbe-Gott zu träumen!

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