Schöne neue Arbeitswelt

Schöne neue Arbeitswelt
27. April 2014 Marketing Natives

Die Medien stürzen sich darauf: Überall liest man von den neuen Bedürfnissen der Arbeitnehmer, Abschaffung von Hierarchien, Selbstbestimmung des Gehaltes, etc. Und jeden Monat werden die Top Arbeitgeber und die schönsten Offices von unterschiedlichen Online-Portalen prämiert. 

In der so oft propagierten „neuen Welt des Arbeitens“ zählen Begriffe wie „Work-Life-Balance“ nicht mehr, da die Arbeit nicht mehr als Gegenpol zum Leben gesehen werden will. Die sogenannte Generation Y besiedelt nun die Arbeitsmärkte und fordert Transparenz, Aufstiegsmöglichkeiten, Weiterbildung, Home Office und Sabbaticals von ihren Arbeitgebern. Schon klar, dass sich die Arbeitgeber da teilweise noch anpassen müssen.

schmutzer und bartz

Diesen Umstand haben Michael Bartz, Professor an der IMC FH Krems und Thomas Schmutzer, Geschäftsführer der HMP Beratungs GmbH zum Anlass genommen, ein Buch zu schreiben: „New World of Work – Warum kein Stein auf dem anderen bleibt“ , erschienen im Lindeverlag und Verlag Handelsblatt/Wirtschaftswoche. Als Vorbereitung auf unser nächstes Event „Internal Communications & Employer Branding“, bei dem all diese Themen eine Rolle spielen werden, haben sie uns Fragen zum Buch beantwortet:

Wie sieht die neue Arbeitswelt aus? 

Unsere Arbeitswelten verändern sich derzeit grundlegend. Ein wesentlicher Treiber dahinter sind neue Informationstechnologien, die die Kommunikation und Zusammenarbeit auf Distanz so einfach und kostengünstig wie noch nie möglich machen sollen. Dank dieser Technologien wird vor allem die zeitlich und räumlich flexible Arbeitsweise vereinfacht. Immer mehr Menschen haben die Möglichkeit, außerhalb des Firmenbüros mobil zu arbeiten und sich auch die Zeit selbst einzuteilen. Dies allein zieht viele Änderungen nach sich: Die Aufgaben und die Gestaltung von Firmenbüros verändern sich in Folge flexiblerer Arbeitsformen; Führungskonzepte müssen neu überdacht werden. Es bleibt fast kein Stein auf dem anderen.

Was ist das, die New World of Work? 

Das New World of Work Forschungszentrum an der IMC FH Krems beschäftigt sich speziell mit dieser Fragestellung und begleitet die Einführung neuer Arbeitsformen in Unternehmen mit einem sogenannten Impact Measurement (= Messung der Auswirkungen). Sehr direkt lassen sich die Auswirkungen der Einführung neuer innovativer Arbeitsformen in den Infrastrukturkosten erkennen. Bürokosten können durchschnittlich in der Größenordnung von 20 bis 30% reduziert werden. Dies ergibt sich durch die mögliche Verkleinerung von Büroflächen, wenn mobiles Arbeiten im Unternehmen eingeführt wird. Auch Reisekosten schrumpfen im Bereich von 30 bis 40%, wenn virtuelle Arbeitsweisen unter Nutzung neuer Kommunikationstechnologien (z.B. Unified Communications, Video Konferenzen) üblich werden. Das ist der unmittelbare Effekt neuer Arbeitsformen. Noch bedeutsamer ist jedoch der Einfluss neuer Arbeitskonzepte auf die Menschen in Betrieben. Die Einführung moderner Arbeitskonzepte trägt in den meisten Fällen dazu bei, dass die Mitarbeiterzufriedenheit um 10 bis 20% steigt; Einsatzbereitschaft und Identifikation mit der Firma nehmen zu. Das erklärt auch, warum sich Arbeitszeiten in New World of Work Unternehmen nicht reduzieren, obwohl die „Leinen länger werden“. Stattdessen wächst das Arbeitszeitvolumen tendenziell um bis zu 10 bis 15%, gleichzeitig sinken Krankenstände um 20 bis 30%. In Summe kann mit einer Produktivitätssteigerung im Bereich von 5 bis 15% gerechnet werden.

Was ist MitarbeiterInnen heute wichtig?

Die Erwartungen an unsere Arbeitsweisen und den Arbeitsplatz haben sich verändert. Ein wichtiger Treiber dahinter ist die Vielzahl an Technologien, die Einzug in unser Leben gehalten haben. Vom Smartphone bis zum Tablet und von Skype bis Drop-Box, bzw. ihre Äquivalente für den professionellen Bereich. Für Unternehmen geht es darum, Schritt zu halten, die Arbeitsweisen in der eigenen Organisation anzupassen und entsprechende Angebote für ihre Mitarbeiter zu schaffen. Angebote, die die Mitarbeiter annehmen können oder aber auch nicht. Wie wichtig dieses Angebot ist, belegt die Studie „New World of Communication 2014: wie gearbeitet wird – Kommunikation & Collaboration in Österreich“, die die HMP Beratungs GmbH gemeinsam mit der IMC Krems und dem Report Verlag bereits zum vierten Mal durchgeführt haben. Denn 76,7% der StudienteilnehmerInnen sind der Meinung, dass Unternehmen, die kein flexibles Arbeiten anbieten, für potenzielle Bewerber unattraktiver sind. Auch Gehalt ist nicht mehr alles: Über 50% der Studienteilnehmer halten die Einführung flexibler Arbeitsweisen genau so wichtig oder für wichtiger als eine nächste Gehaltserhöhung. Die freie Wahl von Ort und Zeit gewinnt immer mehr an Bedeutung in unserer Arbeitswelt.

Welche Workstyles gibt es in der neuen Welt des Arbeitens?

Arbeit als Bezeichnung eines Ortes verliert immer mehr an Bedeutung. Die Unabhängigkeit der MitarbeiterInnen und ManagerInnen bei der Wahl des Arbeitsortes und der Arbeitszeit steigt an. Ein grundlegender Schritt in Richtung einer neuen flexibleren Arbeitsweise ist es, zwei Dinge im Unternehmen zu verstehen:

  • Wer arbeitet heute bereits zeitlich und räumlich flexibel und wer nicht?
  • Wer hat das Potenzial, in Zukunft zeitlich und räumlich flexibel zu arbeiten?

Aus dem typischen Arbeitsalltag können Kategorien für unterschiedliche Arbeitsweisen, den sogenannten Workstyles, gebildet werden. So könnte ein Unternehmen etwa in die Kategorien „Fix“, „wenig flexibel“, „flexibel“ und „mobil“ eingeteilt werden. In der Praxis bewährt haben sich Workstyle-Definitionen mit Fokus auf Arbeitszeitanteilen. Auf Basis der einzelnen Workstyles kann definiert werden, welche Tools und Devices in den jeweiligen Kategorien sinnvoll sind und auch die sogenannten Arbeitsplatzbedürfnisse können abgeleitet werden.
Bei der Workstyle Analyse empfiehlt es sich immer, sich gedanklich von bestehenden Hierarchien zu lösen und wirklich nur die Arbeitsweise der Mitarbeiter zu betrachten. Behutsames Vorgehen ist dabei jedoch wohl eine der wichtigsten Regeln überhaupt.

Welche Rolle spielt Technik/spielen Werkzeuge in der neuen Welt des Arbeitens?

Technologien wie Videotelefonie, Unified Communications oder Cloud Lösungen stehen in verschiedenen Formen bereits zur Verfügung bzw. ante portas und sind Basisbausteine für die Neue Welt des Arbeitens. Viele Unternehmen beschäftigen sich bereits mit Projekten wie der Einführung von Collaboration Tools, der Reduktion von Emails durch Social Collaboration oder der Entwicklung einer Mobility Strategie. Die Herausforderung liegt oft jedoch darin, die kostenintensiven technischen Rahmenbedingungen, wie z.B. flächendeckendes WLAN, etc. zu schaffen. Der Gedanke, einfach alle Tools im Unternehmen für alle Mitarbeiter auszurollen, ist einerseits ineffizient und andererseits enorm kostenintensiv, da überall Hardware- oder Lizenzkosten anfallen.

New World of Work Transformation – Wie sehen die Schritte aus in Richtung neue Welt des Arbeitens?

Die Einführung neuer innovativer Arbeitsweisen funktioniert nicht wie ein Elektroschalter. Die Transformation einer Unternehmensorganisation muss stattdessen sorgsam und schrittweise erfolgen. Wichtig ist auch, dass alle Abteilungen mit an Bord sind, denn die Veränderung betrifft die Menschen, die Prozesse, Methoden und Technologien im Unternehmen ebenso wie die Gestaltung und die Nutzung der Büroinfrastrukur. Insbesondere Führungskräfte müssen grundlegend umdenken und deshalb sehr sorgfältig auf Führung in virtuelleren Arbeitssituationen vorbereitet werden. Eine wichtige Kernkompetenz, die hier vermittelt werden muss, ist das Führen über Ziele.
Die meisten Unternehmen lassen sich zwei bis drei Jahre Zeit für die schrittweise Einführung neuer Arbeitsformen. Es geht aber auch umgekehrt, mittels Reverse Engineering. D.h. neue Arbeitsformen werden quasi über Nacht (mit zwei oder drei Monaten Vorlaufzeit) eingeführt und alle Anpassungsmaßnahmen erfolgen im Nachhinein. Diese Methode empfiehlt sich nur für kleinere und mittlere Organisationen.